1939 – heute: Besitzerwechsel, Wiedervereinigung und neue Feriengäste

Nach 1930 ist die Besitzlage etwas undurchsichtig – Erbin des Doppelgrundstücks wird 1931 zunächst Anna Bollwahns Schwiegertochter Erna Bollwahn, geb. Kröplin. Nach Recherchen der Familie soll das Grundstück bereits zu Lebzeiten von Erna Bollwahn enteignet worden sein, nachdem diese ein Kaufangebot über 10.000 Ost-Mark abgelehnt hatte – möglicherweise im Rahmen der „Aktion Rose“, einer gigantischen Enteignungswelle der DDR-Regierung vom Frühjahr 1953, die auf Hotels und Ferienwohnungen sowie Dienstleistungsunternehmen abzielte und schwerpunktmäßig in Badeorten an der Ostsee und der Insel Rügen durchgeführt wurde. Bis zu ihrem Tode Mitte der 1950er Jahre in Warnemünde soll Erna Bollwahn, geb. Kröplin, nach der Enteignung nur das Wohnrecht für eine kleine Wohnung im Haus besessen haben.


Erna Bollwahn, geb. Kröplin, um 1916/17
Quelle: Privatsammlung Henning Gärner
(Hemmingen)

Käthe Höhne, geb. Bollwahn, lebte mit ihrem Mann und den drei Kindern ab 1934 in Nordhausen – die Ehe mit Karl Höhne ging nach dem zweiten Weltkrieg, ca. 1948, in die Brüche. Karl Höhne starb Anfang der 1960er Jahre in Frankfurt/Main, während Käthe Höhne am 21. Mai 1967 in Halle im Alter von 68 Jahren verstarb.

Ob und wie lange Käthe Höhnes jüngerer Bruder Moritz Bollwahn im Haus „Am Leuchtturm 4“ in Warnemünde gelebt hat, ist nicht bekannt. Moritz Bollwahn und seine Frau Elsa wurden etwa 1926 Eltern einer kleinen Tochter Gertrud. Der 73jährige Moritz Bollwahn verstarb 1973 in Bremen und ist dort auf dem Friedhof Bremen-Riensberg neben seiner Frau beigesetzt. Gertrud Bollwahn, verheiratete Kurczan, lebte zumindest im Frühjahr 2013 noch in Köln.

Laut Grundbuch wurde das Haus „Am Leuchtturm 4“, das sich 151 Jahre im Familienbesitz der Familie Berg-Bollwahn befunden hatte, am 1.Juli 1986 „Eigentum des Volkes“ und in den Staatsbesitz der DDR überführt, Rechtsträger war der „VEB Gebäudewirtschaft Rostock.“

Nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten 1991 kam es zur Rückübertragung der Immobilie „Am Strom 120/ Am Leuchtturm 4“ an die aus den Bollwahn-Kindern bestehende Erbengemeinschaft: Karin Brandt, geb. Höhne (*13.11.1933), Hasso Höhne († ca. 2000), Klaus Höhne (1935-2007) und Getrud Kurczan, geb. Bollwahn (*ca. 1926).

Unter Federführung Gertrud Kurczans, geb. Bollwahn, verkaufte diese Erbengemeinschaft das Haus „Am Leuchtturm 4“ Mitte der 1990er Jahre an den seinerzeit in Schweden ansässigen Diplom-Ingenieur und Bauträger Klaus Doose.

Nach umfassender, denkmalgerechter Sanierung, der Veränderung der Geschosshöhen auf drei Vollgeschosse und Aufstockung um ein Mansardengeschoss wurde das Haus 1998 mit insgesamt fünf Eigentumswohnungen und zwei Ladengeschäften auf dem Immobilienmarkt angeboten. Ingenieur Doose gab dem sanierten Lotsenhaus der Familie Berg in Anerkennung der von seiner Ehefrau Brunhilde Doose geleisteten bürotechnischen Unterstützung den Namen „Villa Brunhilde“ – unter dieser Bezeichnung ist das Haus „Am Leuchtturm 4“ den meisten Warnemünder Badegästen nun seit 1998 bekannt.


Das Haus „Am Leuchtturm 4“ während der Sanierungsphase Ende der 1990er Jahre.
Quelle: Foto-CD des Tidingsbringer, Bild # 863

Zum 1. November 1998 erwarb die aus Berlin gebürtige Familie Mehrländer als Eigentümergemeinschaft die im ersten Obergeschoss der „Villa Brunhilde“ gelegene Ferienwohnung, die die Familie seitdem ganzjährig an Badegäste vermietet.

Das Haus „Am Leuchtturm 4“ steht nun seit über 180 Jahren in der „ersten Reihe“ Warnemündes und trotzt in unmittelbarer Nachbarschaft zum legendären Leuchtturm seitdem Wind und Wetter – mögen die Mauern dieses besonderen Hauses auch Ihnen jederzeit Schutz vor Sturm und Regen, vor glühender Sommerhitze oder winterlichen Hagelschauern gewähren und es Ihnen ermöglichen, sich von der noch immer in den Winkeln des Hauses wohnenden Gastfreundschaft der Warnemünder Lotsenfamilie Berg verzaubern zu lassen.

Text und Recherche: Dr. Andrea Mehrländer (© 2015); die Auskünfte zu den Familien Höhne und Bollwahn stammen von Henning Gärner, Hemmingen (© 2012/13)